Reichen die regional verfügbaren Hackschnitzel überhaupt für Weilheims Fernwärmepläne? Jetzt werden die Weichen gestellt, Es wäre fatal, wenn Weilheim auf einen Energieträger setzt, der in Zukunft nicht in ausreichendem Maß vorhanden ist! Lesen Sie auch diese aktuelle Analyse:

Holzhackschnitzel – Wertvolle Ressource
Potentiale und Grenzen in der Nutzung zur Fernwärmeversorgung für Weilheim“

Initiativgruppe ökologisch nachhaltige Fernwärmeversorgung Weilheim

Nachhaltigkeit und Autarkie?

Nachhaltig und autark kann eine Wärmeversorgung nur sein, wenn die notwendige Energie regional in ausreichender Menge zur Verfügung steht, ohne dass über die Maßen Fläche, Natur und Biodiversität zerstört wird. Das ist bei Holzhackschnitzeln nur begrenzt der Fall.

Allein die um 400 Meter längere Leitung zum Standort im Kranlöchl verursacht einen Wärmeverlust von 87,6 MWh pro Jahr. Aus einem Hektar Wald kann jährlich maximal 1.500 kg Brennholz oder 3 SRm Hackschnitzel (entsprechend 800 kg luftgetrocknetes Hartholz bzw. 550 kg Weichholz) entnommen werden. Somit muss allein für die Leitungsverluste der überflüssigen 400 Meter Leitung 14 – 34 ha* Wald zur Verfügung stehen. Die nebenstehende Abbildung verdeutlicht die Größe dieser Waldfläche: 14 ha (orange) wenn Scheit-, Brenn- und Hackschnitzelholz verfeuert wird, 34 ha (gelb + orange) wenn nur minderwertiges Hackschnitzelholz (Äste, Bruchholz) genutzt wird (und das Scheit- und Bauholz anderweitig verwendet wird).

Der Wald oberhalb des Kranlöchls würde allein für den Wärmeverlust 
der Leitung zum Narbonner Ring benötigt.
Der Wald oberhalb des Kranlöchls würde allein für den Wärmeverlust
der Leitung zum Narbonner Ring benötigt.

Holzverbrauch der gesamten Anlage

Im Endausbau soll das Heizkraftwerk 45.000 MWh jährlich erzeugen, um 16 % des Weilheimer Wärmebedarfs zu decken. Hochgerechnet ist dafür eine Holzentnahme aus mindestens 71 bis 174 km2 Wald* erforderlich. Zum Vergleich: Die gesamte Fläche Weilheims (Wälder, landwirtschaftliche Fläche, Bebauung, etc.) umfasst 55 km2.

Es würde das 1,17 - 2,85-fache der bayerischen Waldfläche benötigt, um die Hackschnitzel für 16 % des Wärmebedarfs im ländlichen Raum zu erzeugen.

Übertragen auf ganz Bayern ergibt sich folgendes Szenario: Um die Energie für 16 % des Wärmebedarfs aller bayerischen Kommunen bis 50.000 Einwohner durch Hackschnitzel zu erzeugen wäre eine Leistung von 19,1 TWh jährlich erforderlich. Dafür müssten aus 30.700 bis 74.600 km2 Wald* Brennholz oder Hackschnitzel entnommen werden. Die gesamte Waldfläche beträgt aber nur 26.100 km2 und würde in diesem Szenario lediglich für 34 – 83 %* der erforderlichen Energie ausreichen. Oder andersherum würde das 1,17 – 2,85-fache* der bayerischen Waldfläche benötigt, um die Hackschnitzel für 16 % des Wärmebedarfs im ländlichen Raum zu erzeugen. Wenn jede dieser Kommunen 400 Meter überflüssige Fernwärmehauptleitung bauen würde, käme dadurch ein Verlust von 37.100 MWh/a zusammen.

Abgesehen davon, dass das Holz der Wälder bereits genutzt wird, würde sich die benötigte Fläche nochmals vervielfachen, wenn man über den gesamten Wärmebedarf nachdenkt oder auch die größeren Stadte einbezieht. Es ist damit klar, dass spätestens wenn andere Kommunen auch so handeln, die Hackschnitzel importiert oder andere Brennstoffe genutzt werden müssen. Auch Biogas ist keine Alternative, da hierfür landwirtschaftliche Flächen der Lebensmittelproduktion entzogen werden.

Potential in Weilheim und Weilheim-Schongau

Wie allein aus dem „ENERGIENUTZUNGSPLAN STADT WEILHEIM IN OBERBAYERN“, Seite 35, ersichtlich ist, steht im Raum Weilheim ein Energieholzpotential von 5.700 MWh zur Verfügung. Dies ist nur ein Sechstel dessen, was allein im Heizkraftwerk im Kranlöchl an Holz verbrannt werden soll (33.750 MWh), das wiederum nur eines von fünf geplanten Kraftwerken ist.

In der Studie „Energieholzprognose für den Privat- und Körperschaftswald im Landkreis WeilheimSchongau“ (August 2013, Rothe-Gutachten), Seite 22, wird von einem Energieholzpotential von 4.000 Haushalten im gesamten Landkreis Weilheim-Schongau ausgegangen.

Medienbeiträge:

„Klimaschutz mit Kettensäge – Europas Wälder im Sog der Energiewende“, Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunk.de/holz-erneuerbare-energien-wald-rodung-pellets-brennmaterial-co-100.html

„Wald in der Klimakrise – Verbrennen statt Schützen?“ Beitrag der ARD-Sendung Monitor: https://www.ardmediathek.de/video/monitor/wald-in-der-klimakrise-verbrennen-statt-schuetzen/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLTNhM2QzOGZkLWM2ZDYtNDdkMi05MGVkLWE1NjdkM2ZjMDM3OA

„Gestohlener Wald – Illegaler Holzhandel und die Folgen“ ARD Podcast: https://www.ardaudiothek.de/episode/ard-radiofeature/gestohlener-wald-doku-ueber-illegalen-holzhandel-und-die-folgen/ard/12426833/

Fazit:

Unsere Wälder sind bereits bewirtschaftet. Das Holz wird z.B. als Baustoff, für die Zellstoffgewinnung und auch jetzt schon als Brennmaterial genutzt. Darüber hinaus ist der Wald CO2-Speicher, Wasserspeicher, Erholungsraum und Biotop. Eine Wärmeerzeugung, die ein Vielfaches dessen verbraucht, das regional nachwächst und diese begrenzte Ressource verschwendet, ist nicht nachhaltig und wird uns nicht in die Energieautarkie führen. Aus diesem Grund sieht auch die EU die Energiegewinnung aus Holz zunehmend kritisch. https://www.klimareporter.de/europaische-union/holzverbrennung-soll-bedingt-erneuerbar-bleiben

Nachhaltige Alternative

Ein Beispiel aus Erlangen zeigt, wie auch alte Wohnblocks nachträglich gedämmt, mit PV ausgestattet und mit Erdwärmepumpen umweltfreundlich beheizt werden können: https://youtu.be/CvPJDhL-dPU

Quellen:

https://www.tfz.bayern.de/festbrennstoffe/brennstoffe/035110/index.php

https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Regionales/Gemeindeverzeichnis/Administrativ/Archiv/GVAuszugQ/AuszugGV4QAktuell.html

https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Wald-Holz/Tabellen/waldflaeche-bundeslaender.html

https://www.bundeswaldinventur.bayern.de/080772/index.php

https://www.stmelf.bayern.de/wald/forstpolitik/wald-in-zahlen/005181/index.php

https://holzspalter-tests.de/ratgeber/brennwert-tabelle-fuer-verschiedene-holzarten/

https://www.ofenseite.com/brennholz-brennwert#brennwerttabelle

*) Die unterschiedlichen Flächenangaben hängen davon ab, welche Holzqualitäten zur Energiegewinnung genutzt werden: Die größere Fläche wird benötigt, wenn zum Verfeuern dem Wald nur Holz in Hackschnitzelqualität entnommen wird – die kleinere, wenn neben Hackschnitzeln auch Scheit- und Brennholz verfeuert wird. Im Kranlöchl ist das erstere Vorgehen, entsprechend der größeren Fläche, geplant.